Wie erkenne ich eine Faksimile-Abzocke?
Woran Sie frühzeitig zweifeln sollten
Eine Faksimile-Abzocke ist oft nicht leicht zu durchschauen. Wenn Sie jedoch feststellen, dass das Buch, das Sie gekauft haben, keine genaue Nachbildung ist, sondern eine minderwertige Kopie, haben Sie in vielen Fällen das Recht, den Kauf rückgängig zu machen. Seriöse Anbieter stellen Ihnen dafür eine Widerrufsbelehrung zur Verfügung und dafür ist kein Anwalt nötig.
Faksimiles als falsche Raritäten
Schon vor dem Kauf gibt es Anzeichen, die Sie stutzig machen sollten. Besonders, wenn Ihnen das Faksimile als extrem seltene und wertvolle Rarität verkauft wird, sollten Sie skeptisch werden. Denn oft beginnt der Betrug an der Haustür mit überhöhten Preisen und unrealistischen Versprechungen.
Einer der bekanntesten Fälle
Ehemalige Mitarbeiter des Bertelsmann-Konzerns haben Kundendaten entwendet und gezielt ältere Menschen durch irreführende Informationen betrogen. Diese Verkäufer nutzten das Wissen um bestehende Sammlungen und erhielten somit Zutritt zu den Wohnungen. Den Betroffenen wurde vorgegaukelt, dass ihre Sammlungen nur durch teure Ergänzungen vollständig und wertvoll werden. Hierzu gibt es eine sehr umfangreiche Spiegel TV Reportage.
Wann ein Gutachter helfen kann
Hierzu habe ich den Gutachter Harald Sexl zu Rate gezogen, der mit seiner ausgewiesenen Expertise zahlreiche Fälle von Faksimilebetrug aufgedeckt hat.
Er ist ein ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet: Gerichtssachverständiger in Österreich und öffentlich bestellter sowie vereidigter Sachverständiger der IHK für München und Oberbayern in Deutschland. Gemeinsam mit seinem Team erstellt er zahlreiche Expertisen und Gutachten, die sich auf die Qualität und Authentizität von Faksimile-Produkten konzentrieren.
Der Markt für Faksimiles, der sich zumeist aus hochwertigen und kunstvoll gefertigten Produkten zusammensetzt, wird leider immer wieder durch „schwarze Schafe“ in Misskredit gebracht. Käufer, oft ohne tiefere Kenntnis des Themas, geraten gelegentlich an Werke, die zwar als kostbare Nachbildungen beworben werden, tatsächlich jedoch lediglich massenhaft produzierte Druckerzeugnisse von geringem Wert sind. Die Folge sind überhöhte Preise für Produkte, die nicht den beworbenen Standards entsprechen.
Harald Sexl steht in solchen Fällen sowohl Käufern als auch Verlagen zur Seite. Durch seine unabhängige und fundierte Expertise wird er regelmäßig von Gerichten herangezogen, um Streitfälle zu klären und die Spreu vom Weizen zu trennen. Sein Ziel ist es, Käufern Orientierung zu geben, unlautere Praktiken aufzudecken und die Wertigkeit echter Faksimile-Kunst zu schützen.
In diesem Interview erläutert Harald Sexl die Kriterien für die Bewertung von Faksimiles, gibt Einblicke in die Arbeit seiner Prüfstelle und beleuchtet die Herausforderungen, denen Käufer und Verlage gleichermaßen gegenüberstehen.
Im Gespräch mit dem Gutachter
Herr Sexl, wie bewerten Sie ein Faksimile, wenn das Original während des Produktionsprozesses nicht zur Verfügung steht?
Als Gutachter habe ich keine Möglichkeit, die Originalvorlage während des Produktionsprozesses zu dokumentieren, da Bibliotheken das Original in der Regel nicht zur Verfügung stellen, sondern nur eine Besichtigung erlauben. Daher liegt mein Fokus auf der Bewertung des fertigen Faksimiles. Ich untersuche dabei sorgfältig, ob das Werk den Anforderungen eines hochwertigen Faksimiles entspricht und ob es die wesentlichen Merkmale des Originals in Qualität und Detailgenauigkeit reproduziert.
Welche Aspekte sind Ihnen bei der Bewertung eines Faksimiles besonders wichtig?
Bei der Bewertung eines Faksimiles lege ich großen Wert auf verschiedene Aspekte: Die verwendeten Materialien müssen alterungs- und lichtbeständig sein, um eine langfristige Qualität zu gewährleisten. Die Reproduktion wird daraufhin geprüft, ob Farbtiefe, Detailschärfe und Textur mit den dokumentierten Eigenschaften des Originals übereinstimmen. Besonders wichtig ist die handwerkliche Umsetzung, wie die Präzision bei der Buchbindung und die Exaktheit von Verzierungen. Darüber hinaus überprüfe ich, ob der Produktionsprozess lückenlos dokumentiert wurde und achte auf transparente und nachvollziehbare Angaben zur Limitierung des Werks.
Wie häufig stoßen Sie auf Faksimiles, die fälschlicherweise als „limitierte, wertvolle Nachbildungen“ angeboten werden, obwohl sie Massenware sind?
Etwa 20 % der Fälle betreffen Faksimiles, die als wertvolle, limitierte Nachbildungen angeboten werden, in Wahrheit aber industrielle Massenprodukte sind. Interessanterweise habe ich bisher keine Prüfaufträge zu solchen Imitaten erhalten. Häufig ziehen Verlage ihre Anfragen zurück, sobald sie merken, dass ich alle relevanten Unterlagen wie Rechnungen und Verträge anfordere. Dabei wird oft vorgeschoben, dass diese Dokumente aus Datenschutzgründen nicht vorgelegt werden können. Es sei jedoch betont, dass sämtliche Unterlagen in meiner Prüfstelle streng vertraulich behandelt werden. In den Prüfberichten werden keine Informationen veröffentlicht, die Rückschlüsse auf Produktionswege oder Kalkulationen zulassen. Diese Transparenz ist ein Kernprinzip meiner Arbeit.
Gibt es häufige technische oder handwerkliche Fehler, die bei minderwertigen Faksimiles auftreten?
Gerade im Bereich der Handbuchbinderei treten häufig Mängel auf, die bei hochwertigen Faksimile-Werken nicht akzeptabel sind. Ein klassisches Problem ist minderwertiger Leim, der nicht die nötige Haltbarkeit gewährleistet. Es kommt auch vor, dass traditionelle Rezepte oder Techniken unsachgemäß eingesetzt werden, was zu Schäden führt. Daneben sind handwerkliche Ungenauigkeiten wie schiefe Buchrücken oder schlecht fixierte Verzierungen weit verbreitet. Solche Fehler beeinträchtigen nicht nur die ästhetische Qualität, sondern auch die Langlebigkeit des Werkes und stehen im klaren Widerspruch zu den Ansprüchen eines hochwertigen Faksimiles.
Was sind aus Ihrer Sicht die größten Täuschungen, denen Käufer von Faksimile-Produkten ausgesetzt sind?
Eine der häufigsten Täuschungen ist die suggerierte Wertsteigerung des Faksimiles. Kunden wird oft vermittelt, dass das Werk zukünftig an Wert gewinnen wird, was jedoch niemand garantieren kann.
Ein Faksimile sollte primär als ein wertvolles Kunstobjekt gesehen werden. Seine Qualität liegt in der originalgetreuen Nachbildung und der handwerklichen Präzision, nicht in einer spekulativen Wertsteigerung. Diese Täuschung ist besonders problematisch, da sie den eigentlichen Wert und die Einzigartigkeit eines Faksimiles verschleiert. Der Käufer sollte sich bewusst sein, dass er ein kulturell bedeutendes Werk erwirbt, dessen Preis durch Qualität und Produktionsaufwand gerechtfertigt ist, nicht durch Spekulation.
Welche Schritte empfehlen Sie Käufern, um sicherzustellen, dass sie ein hochwertiges Produkt erwerben?
Um sicherzustellen, dass sie ein hochwertiges Faksimile erwerben, sollten Käufer darauf achten, dass das Werk von einer unabhängigen Prüfstelle begutachtet wurde, da ein entsprechendes Gutachten oder Zertifikat ein starkes Indiz für Qualität ist. Es ist außerdem wichtig, sich über die Rücktrittsrechte des Verkäufers zu informieren, da faire Rücktrittsmöglichkeiten ein Zeichen für Seriosität darstellen. Transparente Informationen über die verwendeten Materialien, die Produktionsmethoden und die Limitierung des Werks sind ebenfalls entscheidend. Käufer sollten zudem sicherstellen, dass der Produktionsprozess umfassend dokumentiert wurde.
Als Gerichtssachverständiger, der in Österreich und Deutschland tätig ist, stehe ich mit meinen Zertifikaten für die Qualität der geprüften Werke ein. Ein hochwertiges Faksimile zeichnet sich stets durch ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis aus und entspricht höchsten handwerklichen und materiellen Standards.
Waren Sie schon einmal als Gutachter in einem Rechtsfall tätig, bei dem es um Faksimile-Produkte ging?
Ja, ich bin regelmäßig als Gutachter in Gerichtsverfahren tätig, sowohl in Österreich als auch in Deutschland. Dabei werde ich sowohl von Kunden als auch von Verlagen kontaktiert, die eine objektive Expertise wünschen. Jeder kann sich an mich als Prüfstelle wenden, um eine unabhängige Beurteilung vornehmen zu lassen.
Wenn ein Kunde eine Expertise beauftragt, wird – selbstverständlich unter Wahrung der Verschwiegenheit – der Verlag ersucht, kooperativ zu sein und Nachweise über den Produktionsprozess und die Kosten vorzulegen. Sollte der Verlag diese Kooperation verweigern, bleibt oft nur der Weg vor Gericht. Dies kann sich für den Verlag jedoch sehr nachteilig auswirken, da eine unzureichende Dokumentation oder mangelnde Transparenz häufig zugunsten des Käufers ausgelegt wird.
Diese Fälle betreffen meist Streitigkeiten über die Qualität, den Wert oder die Authentizität von Faksimiles. Meine Gutachten stützen sich auf eine umfassende Prüfung der technischen und materiellen Qualität sowie der Produktionsnachweise, um eine verlässliche Entscheidungsgrundlage zu schaffen.
Welche typischen Argumente oder Beweise wurden in diesen Fällen vorgebracht?
In solchen Verfahren werden manchmal selbsternannte Gutachter oder Videos als Beweise vorgelegt, die unlautere Behauptungen aufstellen, etwa dass die Faksimile-Werke (!) generell als minderwertig einzustufen seien. Solche pauschalierten, noch dazu meistens ungeprüften Aussagen sind unlauter. Zuverlässigere Beweise sind Rechnungen, Verträge und Dokumentationen des Produktionsprozesses. Vergleichswerte sind bei Faksimiles schwierig, da jedes Werk aufgrund seiner Einzigartigkeit und der spezifischen Produktionsweise kaum mit anderen vergleichbar ist. Dies macht eine sorgfältige Dokumentation und eine unabhängige Prüfung umso wichtiger. Nicht umsonst werden Gutachter nur dann bestellt und eingetragen, wenn Sie eine fachliche Expertise vorweisen können. Zudem sind sie zur absoluten Neutralität verpflichtet.
Kontakt
Tobias Weber
Autor dieses Blogs